Amandus Polanus – Ein Leben für die Kirche

Amandus Polanus von Polansdorff

Am 16. November 1561 wurde Polanus in Troppau (Opava) im ehemaligen Fürstentum Schlesien als vierter Sohn einer lutherischen Familie geboren. Seine Eltern ermöglichten ihm und seinen Geschwistern eine vorzügliche Ausbildung. So besuchte Polanus von 1577-1583 das St. Elisabeth-Gymnasium in Breslau, an dem einige Jahre zuvor auch Zacharias Ursinus gewirkt und somit zur Verbreitung des reformierten Protestantismus beigetragen hat. Aller Wahrscheinlichkeit nach kam Polanus hier zum ersten Male mit reformierter Theologie in Kontakt. Denn schon bald darauf schrieb er sich an der streng lutherisch geführten Theologie-Fakultät in Tübingen ein und fiel dort durch seine calvinistische Sicht auf Gottes Gnadenwahl unangenehm auf. Noch im selbigen Jahr – 1583 – folgte ein rascher Wechsel an die Universität Basel, die sich gerade in einem Übergang vom Luthertum zum Reformiertentum befand. Verantwortlich hierfür war hauptsächlich Johann Jakob Grynaeus – Professor für Neues Testament und hochverehrter Lehrer von Polanus. Als Grynaeus sich im Jahr darauf nach Heidelberg begab, wandte sich Polanus weiter nach Genf und hörte dort die Vorlesungen von Theodore Beza.

Die Zeit in Genf sollte sich für ihn als entscheidende Weichenstellung herausstellen. Hier lernte er nämlich Karl von Zerotin kennen, der als eines der führenden Glieder der böhmischen Brüder die Reformation in den Ländern des heutigen Tschechiens vorantreiben wollte. Polanus gelangte so in den Dienst der Familie Zerotin und wurde Hauslehrer zweier ihrer Erben. Dass Polanus, der eine herausragende Karriere als Theologe vor sich hatte, sich für über 12 Jahre dieser Aufgabe widmete, zeugt von seiner Hingabe und Liebe für sein Heimatland – die Länder der Böhmischen Krone – und seinem dringenden Wunsch danach, dass das Evangelium von Jesus Christus in seiner ganzen Fülle doch alle seine Landsleute erreichen möge.

Nach Beendigung dieses Dienstes trat Polanus schließlich 1596 als Ersatz für Conrad Vorstius die Professur für Altes Testament in Basel an und behielt diese Position an der Seite seines Lehrers, Freundes und Schwiegervaters Grynaeus bis zu seinem Tod 1610.

Polanus muss als einer der schärfsten Verteidiger der reformierten Frühorthodoxie gelten. So setzte er sich mehrfach und vehement für die Lehre von Gottes ewigen und souveränen Ratschluss ein, kämpfte (leider erfolglos) für eine Entfernung der am Basler Münster angebrachten Heiligenstatuen und stellte sich wiederholt dem Vorwurf der römisch-katholischen Kirche entgegen, dass die reformierten Lehren nichts anderes als abtrünnige Ketzereien seien. So schreibt er, dass „wir, die wir gemäß der Vorschrift aus Gottes Wort in Frankreich, in England, in Schottland, in der Schweiz, in Böhmen, in Polen und an anderen Orten den reformierten Glauben bekennen, durch Gottes Gnade keinen Irrtum verteidigen.“

Polanus hat in seiner Zeit als Professor ungemein viele Werke verfasst. So trat er nicht nur als Übersetzer des Neuen Testaments (1603) auf, sondern gab auch enorm viele Disputationen zu den unterschiedlichsten theologischen Themen (u.a. zur Erbsünde, zum freien Willen des Menschen, zur Rechtfertigung, zu den Kennzeichen der wahren Kirche und zu den Sakramenten). Ferner hielt er Vorlesungen zu den Propheten Maleachi (1596), Daniel (1600), Hosea (1601) und Hesekiel (1608) und zu den Psalmen (1603). In seiner umfangreichen Symphonia Catholica (1607) stellte er heraus, dass die reformierte Lehre – so wie sie in Basel gelehrt wurde – in allen Loci Communes mit der Theologie der Alten Kirche übereinstimmt. Es handelt sich also um ein Werk, das von Kirchenväter-Zitaten nur so strotzt. Sein wohl wichtigstes Werk jedoch gab er am Ende seines Lebens heraus. Bei der Syntagma Theologiae Christianae (1609) handelt es sich um eine über 4.500 Spalten große, in 2 Bänden erschienene Dogmatik, in der alle wichtigen Loci des christlichen Glaubens ausführlich behandelt sind. Im Widmungsbrief an Karl von Zerotin machte er seine Motivation für ein solches Kompendium deutlich. Er sei vom Wunsch getrieben, „die Ehre des ewigen Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus aus Liebe zu Gottes Kirche zu verbreiten.“ Hierin zeigt sich Polanus‘ Charakter: ein Leben zu führen für die Kirche aus Liebe zu Gott und zu seiner Ehre.

Da die Werke von Polanus zum allergrößten Teil unübersetzt sind, widme ich mich in meinem Blog dem Vorhaben, zumindest einen Teil seiner Schriften auf Deutsch zugänglich zu machen. Man findet sie hier.

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