Johannes a Lasco – der europäische Reformator

Ein polnischer Adliger als reformierter Theologe in Ostfriesland … und dann in England? Wie kam es dazu?

Jan Laski wurde 1499 als zweiter Sohn einer hochadeligen Familie in Lask, Polen geboren (daher sein lateinischer Name a Lasco – aus Lask). Seine hohe Herkunft sollte seinen gesamten Lebensweg bestimmen. In seiner Kindheit und Jugend wuchs er vor allem in Gegenwart seines Onkels Jan Laski (des Älteren) – seines Zeichens Sekretär des polnischen Königs und Kronkanzler Polens – in Krakau auf. Hier wurde er in Latein und Griechisch unterrichtet. Auf diese Weise kam er in Berührung mit den historischen und philosophischen Texten der klassischen Antike.

Während eines Studienaufenthaltes in Rom im Alter von 14 bis 19 Jahren, entschied sein Onkel, dass a Lasco, weil er der Zweitgeborene der Familie war, eine geistliche Karriere einschlagen sollte. 1521 wurde er also zum Priester geweiht und gleichzeitig ebenso wie sein Onkel zum königlichen Sekretär ernannt, was ihm viel Einfluss und Autorität am Hof in Krakau gewährte.

In dieser Funktion ging a Lasco viel auf Reisen und begegnete dabei u.a. Erasmus von Rotterdam (ca. 1467–1536), der als Humanist einen großen Einfluss auf die erste Generation der Reformatoren hatte. Für eine Summe von 400 Goldgulden kaufte der Pole die Privatbibliothek von Erasmus auf. In Basel kam er zudem in Kontakt mit Luthers Schrift über den unfreien Willen (De servo arbitrio).

Im Streit um die Erbschaft der ungarischen Krone, an dem sein älterer Bruder Hieronymus beteiligt war, ging a Lascos Familie in den 1530er Jahren finanziell zugrunde. Auch erhielt er den erwünschten Bischofssitz in Polen nicht. Daher ging er auf Reisen durch das sächsische Land und traf dort auf keinen Geringeren als Philipp Melanchthon (1497–1560). Über die Gespräche und den schriftlichen Kontakt zu ihm, bewegte sich a Lasco immer mehr heraus aus den Institutionen der römischen Kirche und strebte dagegen viel mehr eine Reform der Kirche an. Dies zeigt auch seine Hochzeit 1540, mit der er der erste polnische Geistliche wurde, der offen das Zölibat niederlegte.

Im selben Jahr kam er nach Emden, Ostfriesland. Hier sollte er auf Wunsch der Anna (1501–1575), Gräfin von Ostfriesland und ab 1542 vormundschaftliche Regentin des Landes die kirchlichen Verhältnisse der Grafschaft regeln. Gründe dafür gab es ausreichend. Das Bekenntnis wechselte von Ort zu Ort: es gab römische Messen, lutherische Gottesdienste und sogar täuferische Treffen. Als Superintendent grenzte a Lasco die ostfriesischen Kirchen klar von den Papisten und den Täufern ab und organisierte die Kirchenstruktur mit einem Kirchenrat, dem Älteste vorstanden. Sie waren verantwortlich für die Aufsicht in der Kirche/Gemeinde vor Ort, wobei es auch um Kirchenzucht ging. Hierbei orientierte sich a Lasco vor allem an Martin Bucers Kirchenordnung aus Straßburg. Auch ließ er – aufgrund des zweiten Gebotes sämtliche Bilder aus den Kirchen entfernen.

A Lasco fiel in seinem Wirken weniger als präziser und einflussreicher Autor auf, sondern vielmehr als Gestalter und Organisator der ostfriesischen Kirchen. Der Coetus der ostfriesischen Prediger, eine wöchentliche Versammlung aller Prediger der Grafschaft, geht auf ihn zurück. Ziel dieser Versammlungen war es, eine einheitliche Lehre für alle Gemeinden Ostfrieslands zu schaffen, was jedoch langfristig nicht erreicht werden konnte.

1549 legte a Lasco nach dem Schmalkaldischen Krieg sein Amt als Superintendent nieder und ging nach London zu Thomas Cranmer und leitete dort die protestantische Flüchtlingsgemeinde. Hierzu entwarf er die Londoner Gemeindeordnung, die als sein Hauptwerk betrachtet werden kann. Nachdem mit Queen Mary wieder eine katholische Regentin über England herrschte, musste a Lasco gemeinsam mit seiner Gemeinde über Dänemark nach Emden fliehen.

1554 verfasste er hier den Emder Katechismus, der von der Emder Reformierten Kirche sogar bis ins 20. Jahrhundert gebraucht wurde. Doch geriet a Lasco in Streit mit den lutherischen Predigern über seine Abendmahlslehre und floh aus der Stadt. Seine Reise führte ihn u.a. in die Kurpfalz, wo er versuchte, sich mit Johannes Brenz über die richtige Auslegung des Herrnmahls zu einigen. Dieses Gespräch scheiterte jedoch.

1557 kehrte der Protestant a Lasco schließlich in seine polnische Heimat zurück, in der Protestanten nun mehr Privilegien besaßen. Es gelang ihm, dort als Superintendent der reformierten Kirchen eingesetzt zu werden. In dieser Funktion versuchte er den polnischen Adel und sogar den König für die protestantische Sache zu gewinnen. Gegen Ende 1559 verschlechterte sich sein gesundheitlicher Zustand und so starb er am 8. Januar 1560.

A Lascos Leben war geprägt von Verfolgung und Flucht, aber auch von Austausch, Kontakten und seinem immensen Wunsch nach Einheit in der Kirche – jedoch nicht auf Kosten der Wahrheit. Sein Weg führte ihn über den gesamten Kontinent: von Polen, nach Italien, nach Basel und Emden, ins Exil nach London, ins Exil nach Emden, in die Kurpfalz und schließlich wieder in seine polnische Heimat. Man kann ihn also mit Fug und Recht als europäischen Reformator bezeichnen.

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Vorlesung zur Sozialethik, Politischen Ethik, Wirtschaftsethik

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Amandus Polanus – Ein Leben für die Kirche